Stoppt den Wahnsinn - schützt unsere Natur

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Empörte Proteste gegen die Folgen der festen Fehmarnbeltquerung

Hier tra­gen wir unse­ren Tou­ris­mus zu Gra­be“, steht auf einem Pla­kat, das zwei Demons­tran­ten vor der Tim­men­dor­fer Trink­kur­hal­le prä­sen­tie­ren. „Stoppt den Wahn­sinn - schützt unse­re Natur“, mahnt ein ande­res. Dane­ben, mit einer Zeich­nung ange­lehnt an das Gemäl­de „Der Schrei“ von Edvard Munch, ver­kün­det ein Trans­pa­rent: „Rate­kau schreit auf“. „Wir trau­ern um 1000 ha bes­tes Acker­land“, bekla­gen die Land­wir­te. Eines der Trans­pa­ren­te war direkt an den Besu­cher adres­siert, der am jenem Mitt­woch, den 12. Juni, nach Tim­men­dorf kam: „Herr Albig, hal­ten Sie Scha­den fern von Ost­hol­stein.“ - Minis­ter­prä­si­dent Tors­ten Albig nahm die Pro­tes­te gelas­sen. Gemein­sam mit Bahn­chef Dr. Rüdi­ger Gru­be, Wirt­schafts­mi­nis­ter Rein­hard Mey­er und Land­rat Rein­hard Sager hat­te er eine sym­bol­träch­ti­ge Bahn­fahrt im Son­der­zug von Feh­marn nach Bad Schwar­tau unter­nom­men, um von dort aus zum „offe­nen Dia­log“ in die Trink­kur­hal­le am Tim­men­dor­fer Strand zu fah­ren. Erwar­tet wur­de er von rund 150 Demons­tran­ten, die gegen die erwar­te­ten Fol­gen der fes­ten Feh­marn­belt­que­rung protestierten.

Auf­ge­ru­fen zur Demons­tra­ti­on hat­te die Alli­anz aus 10 akti­ven Bür­ger­initia­ti­ven, die jeweils ihre Ver­tre­ter mit Pla­ka­ten aus­ge­stat­tet und sowohl ent­lang der Bahn­schie­nen als auch vor der Trink­kur­hal­le for­miert hat­ten. Dar­un­ter zahl­rei­che Bür­ger aus Rate­kau. Sie wären am stärks­ten betrof­fen von der fes­ten Feh­marn­belt­que­rung (FFBQ), wenn man sich für eine „2+1“- Lösung mit der so genann­ten E-Tras­se ent­schei­den wür­de. Für sie bedeu­tet die­se Alter­na­ti­ve, dass täg­lich bis zu 180 Güter­zü­ge nah an den Wohn­ge­bie­ten vor­bei­ra­sen. Damit wären zwar die Ost­see­bä­der, die mit der nor­mal befah­re­nen Bestandstras­se wei­ter­le­ben dürf­ten, ent­las­tet, aber: „Das ist wie die Wahl zwi­schen Pest und Cho­le­ra“, sagt Rate­kaus Bür­ger­meis­ter Tho­mas Kel­ler, der die gemein­sa­me Bahn­fahrt mit Skep­sis sah: „So was bringt doch nichts“, meint er. Auch Vol­ker Owe­ri­en, Bür­ger­meis­ter von Schar­beutz, mein­te: „Die­se Fahrt ist doch eine Farce.“

Rund 150 Demostranten empfingen Bahnchef Grube vor der Trinkkurhalle_____Aufgebrachte Bürger empfingen Bahnchef Grube, Ministerpräsident Albig, Landrat Sager und Wirtschaftsminister Meyer_____Besonders aktiv: die Bürger aus Ratekau. Für sie wäre die 2 +1-Variante besonders belastend

Dabei ging es doch um kon­struk­ti­ve Gesprä­che, die zwi­schen Ver­tre­tern der Bahn und Ver­tre­tern der Bür­ger statt­fin­den soll­ten. Das Kon­struk­tivs­te an die­sem Tag war die Ver­kün­dung, dass die Vari­an­te „2 +1“ mit der so genann­ten E-Tras­se west­lich der Auto­bahn als Ergän­zung der Bestandstras­se nun­mehr geprüft wer­den soll. Ein schwe­rer Schlag für die Bewoh­ner jener Ort­schaf­ten, die somit direkt an der Güter­trans­port-Tras­se lie­gen wür­den: Rate­kau, Luschen­dorf, aber auch Gro­nen­berg und Kling­berg. Dort hat sich jetzt eine neue Ini­ta­ti­ve gegrün­det, die „BIPS“ (Bür­ger­initia­ti­ve Pönit­zer Seen­plat­te), die sich vehe­ment gegen die Zer­stö­rung wert­vol­ler FFH-Gebie­te und der Lebens­qua­li­tät in ihren Wohn­ge­bie­ten zur Wehr setzt. Auch die betrof­fe­nen Land­wir­te haben sich mitt­ler­wei­le orga­ni­siert. Ihre Betrie­be könn­ten durch den dro­hen­den Land­ver­lust beim Tras­sen­bau in Gefahr gera­ten. Dr. Gru­be stell­te sich zwar einem Gespräch mit der Land­wir­tin Imke Mey­er, fand aber kaum beru­hi­gen­de Wor­te. Die Bür­ger­initia­ti­ven hal­ten die Aus­sa­gen des Bahn­chefs ohne­hin für eine „Ver­ne­be­lungs­ak­ti­on“: „Mona­te­lang wur­de von der Staats­kanz­lei betont, dass nur geprüft wird, was bei der Antrags­kon­fe­renz ein­ge­reicht wur­de. Die 2+1-Variante ist nie­mals ein­ge­reicht worden.“

Auch die Landwirte protestieren: Ihr Ackerland müsste der E-Trasse westlich der Autobahn weichen_____"Wir leisten Widerstand" versprechen die Bürger der betroffenen Regionen_____Aus allen betroffenen Dorfschaften kamen Bürger, um zu protestieren

Eine Hoff­nung für die Rate­kau­er, die Gro­nen­ber­ger, die Land­wir­te. Zu frü­he Freu­de bei den Küs­ten­or­ten, die sich durch die so genann­te E-Tras­se (ent­lang der Auto­bahn) von ihren Pro­ble­men befreit sehen? Letzt­lich blie­ben fast alle Fra­gen offen. Nach Gruß­wor­ten von Tim­men­dorfs Bür­ger­meis­te­rin Hati­ce Kara und Minis­ter­prä­si­dent Tors­ten Albig refe­rier­te Dr. Rüdi­ger Gru­be über die Bahn­fahrt durch Ost­hol­stein. Für das ange­kün­dig­te Bür­ger­ge­spräch blie­ben genau fünf­zehn Minu­ten Zeit. Da hat­ten die Ver­tre­ter der Bür­ger­initia­ti­ven den Saal bereits ver­las­sen: „Fünf­zehn Minu­ten Bür­ger­ge­spräch am Nach­mit­tag, zu einem Zeit­punkt, wenn der Nor­mal­bür­ger noch arbei­tet - das ist nicht akzeptabel.“

Nur 15 Minuten für Bürgergespräche... "das ist eine Farce", kritisierten Susanne Brelowski und Kerstin Fischer und verließen unter Protest den Saal_____Großer Aufmarsch auf der Timmendorfer Promenade: der Besuch des Bahnchefs war Anlass zum Protest_____Auch in Klingberg und Gronenberg hat sich mit der "BIP" eine Bürgerinitiative gegründet, die sehr aktiv protestiert

Minis­ter­prä­si­dent Tors­ten Albig ist unge­ach­tet der Pro­tes­te nach wie vor über­zeugt von der fes­ten Fehmarnbeltquerung:„Ich bin sicher, dass die Chan­cen des Pro­jekts grö­ßer sind als die Risi­ken“, meint er vol­ler Opti­mis­mus. Die­se Ansicht wird in der Bevöl­ke­rung nur mäßig geteilt. Die Pro­test­ak­tio­nen neh­men zu, die Akzep­tanz nimmt ab. Letzt­lich stellt sich immer die Fra­ge: „Wem wird es nüt­zen?“ - „Den Ban­ken und der Bau­wirt­schaft“, ätzen die Kri­ti­ker. Den Bür­gern an der Küs­te, die von Land­wirt­schaft und Tou­ris­mus leben, bleibt der Nut­zen der FFBQ weit­ge­hend verschlossen.

Fotos: Susan­ne Dittmann